Assistenzsysteme dienen der Unterstützung des Krankenhauspersonals in bestimmten Situationen und bei speziellen Abläufen. Dabei reicht die Assistenz von der automatisierten Überwachung der Vital-Parameter eines Patienten über sich selbst regelnde Beatmungsgeräte bis hin zu intelligenten Systemen, die durch Auswertung umfassender Daten das Personal bei medizinischen Entscheidungen unterstützen. Voraussetzung für ein intelligentes und auch lernfähiges System ist dabei die selbständige Analyse aktueller aber auch zurückliegender Daten, sodass es sich mit Hilfe von Software, Sensoren und Aktuatoren an neue Gegebenheiten anpassen kann. Sogenannte theragnostisches Systeme stellen als Assistenz eine Verknüpfung zwischen Diagnostik und Therapie her. So können mit Hilfe eines einzigen Gerätes oder Systems Diagnosen gestellt bzw. unterstützt und Patienten zugleich therapiert werden.
Assistenzsysteme sollen in bestimmten Situationen Automatisierungen oder Teilautomatisierungen eines Ablaufes ermöglichen und sich währenddessen selbst regeln. Wenn sich beispielsweise Überwachungsgeräte oder chirurgische Instrumente entsprechend anpassen können, sodass sie sich bestmöglich auf veränderte Lagen während einer OP einstellen, kann der Operationsablauf sowohl effizienter und einfacher, als auch sicherer für Patienten werden. Denkbar für ein Assistenzsystem wäre zum Bespiel eine in OP-Tische eingebaute Temperaturregelung. Das System könnte die Körpertemperatur des Patienten während der OP selbstständig überwachen und die Temperatur des Tisches entsprechend automatisch anpassen. Ein weiteres Beispiel für Assistenzsysteme ist das Da Vinci-Operationssystem, das Chirurgen erlaubt, hoch präzise Operationen durchzuführen, in dem u.a. menschliche Bewegungsschwankungen wie Zittern ausgeglichen werden. Neuartige Beatmungsgeräte, die die Atmung des Patienten überwachen und sich daran anpassen, stellen ein theragnostisches System dar, welches sich durch eigenständiges Handeln und somit durch eine gewisse Intelligenz auszeichnet. Während das Gerät den Atmungszustand des Patienten kontinuierlich überwacht, passt es die eigenen Parameter an, um die Atmung ständig im optimalen Bereich zu halten. Es kann sich auf verschiedene Lungenbedingungen anpassen und den Patienten basierend auf vom Pflegepersonal eingegebener Zielwerte vom passiven in den spontanen Atmungsmodus steuern. So ist das System zum einen in der Lage durch die Überwachung des Patientenzustandes Diagnosen zu stellen und zum anderen auf diese zu reagieren und sie durch Anpassung der Parameter zu therapieren. Auf ähnliche Weise funktionieren automatisierte externe Defibrillatoren. Diese können den Herzrhythmus selbstständig analysieren und bei Bedarf einen Stromimpuls abgeben. Durch akustische und optische Signale, sowie gesprochene Anweisungen können die Geräte auch Laien durch den Reanimationsvorgang führen. Doch nicht nur das medizinische Personal kann von Assistenzsystemen profitieren. Roboter-gestützte Assistenzsysteme bieten z.B. Schlaganfall-Patienten die Möglichkeit, Bewegungsabläufe neu zu erlernen bzw. zu trainieren, um teilweise ihre Bewegungsfreiheit wieder zu erlangen. Vielen dieser Systeme ist gemein, dass sie Daten, selbst erfasst oder von externen Quellen zugänglich gemacht, nutzen, um eine für jeden Patienten optimierte Anwendung zu ermöglichen. Erkenntnisse aus der Analyse von großen Datenmengen (Big Data) von vielen schon durchgeführten Vorgängen helfen dabei, Prozesse immer weiter zu optimieren. So kann z.B. ein intelligentes Anästhesiesystem, das zusätzlich mit anderen Überwachungsgeräten vernetzt ist, Reaktionen des Patienten auf eine Anpassung der Dosierung besser abschätzen und entsprechend reagieren.
Viele Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus Erkenntnissen anderer Bereiche der Technik, wie beispielsweise der Servicerobotik oder dem Automobil- und Flugzeugbau oder speziell aus dem Bereich der Industrie 4.0 bzgl. cyber-physischen Systemen. Diese werden auf medizinische Anwendungen übertragen und dort angepasst und weiterentwickelt, sodass neuartige Assistenzsysteme entstehen, die moderne Behandlungsmethoden ermöglichen. Chirurgische Assistenzsysteme sollen zukünftig besser in den Handlungsalltag integriert werden, indem sie dem Benutzer dabei helfen, chirurgische Interventionen präziser und sicherer durchzuführen. Dabei können zum Beispiel sensorische Assistenzsysteme, die hand- oder konsolengesteuert als sogenannte „smart instruments“ zum Einsatz kommen, den Operateur unterstützen. Vernetzte Überwachungsgeräte können das medizinische Personal entlasten und gezielt relevante Informationen verarbeiten und durch neue Usability Konzepte wie Augmented Reality bereitstellen. Durch neue Formen der Mensch-Maschine-Kooperation ergeben sich viele Szenarien, in denen medizinische Geräte assistieren können, sowohl bei Diagnose, Therapie als auch in der Rehabilitation.
Referent/in: Sven Arnold, Geschäftsführer Localite GmbH
Referent/in: Prof. Dr. Philipp Rostalski, Direktor des IME Instituts für Medizinische Elektrotechnik der Universität zu Lübeck
Referent/in: Prof. Dr. med. Dominique Singer, Ärztlicher Leiter der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE)