Interoperabilität intelligenter Medizingeräte

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Im Kontext von Medizingeräten bezeichnet Interoperabilität die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Systeme hinsichtlich physischer oder virtueller Schnittstellen verwertbare Informationen auszutauschen. Durch intelligente Menüführung, Vernetzung und Belegung verschiedener Geräte mit dem gleichen bzw. einem gemeinsamen User-Interface kann die Komplexität der Geräte gemanagt und Abläufe automatisiert und verbessert werden. Da beispielsweise im OP eine Vielzahl hochmoderner Geräte, wie Maschinen für die Anästhesie und Blutgasanalyse, elektronische Schneidinstrumente, Operationsmikroskope, 3D-Navigations-und Endoskopiegeräte, mobile Röntgengeräte und viele weitere zum Einsatz kommen, werden gegenseitige Überwachung und automatisierte Wechselwirkungen zwischen den Geräten immer wichtiger. Das OP-Personal ist zunehmend mit der Bedienung der Geräte und Beobachtung der Monitore beschäftigt. Durch Vernetzung der Geräte über dasselbe User-Interface wird für den Operateur eine Bedienung verschiedener elektrochirurgischer Geräte und Navigationssysteme über ein einziges Bediensystem ermöglicht. Hierdurch kann die Komplexität der Bediensysteme reduziert und Fehler in der Bedienung verhindert werden, was schließlich die Effektivität sowie die Patientensicherheit erhöht.

Eine Vernetzung der Geräte beinhaltet die Möglichkeit des Datenaustausches zwischen ihnen. Durch geräteübergreifende Verbindungen könnten die Systeme untereinander kommunizieren. Stehen einem Gerät somit zusätzliche Informationen und Daten aus dem Netzwerk zur Verfügung, entstehen hierbei neue Möglichkeiten für lernfähige Geräte. Von den gemeinsamen Daten können die Geräte profitieren und benötigen beispielsweise weniger Eingreifen seitens des Personals. So können Abläufe automatisiert und vereinfacht werden. Zudem wird die Grundlage für ein intelligentes, an verschiedene Situationen angepasstes Verhalten der Geräte geschaffen.

Allerdings unterliegen Systeme vernetzter Medizingeräte dem Medizinproduktegesetz und müssen daher auch entsprechende Auflagen bzgl. Sicherheit und Qualität erfüllen, um zugelassen zu werden. Dies gilt ebenfalls, wenn beispielsweise bestehende Systeme mit dem Ziel einer besseren Interoperabilität verändert und umgebaut werden. Es müssen u.a. klinische- und Leistungsbewertungen vorgenommen, sowie Sicherheitsaspekte betrachtet werden. Zudem muss das Produkt eine CE-Kennzeichnung erhalten.

Die technischen Möglichkeiten für interoperabel vernetzte Medizingeräte sind zwar gegeben, konkrete Lösungen scheitern jedoch vor allem daran, dass meist Geräte unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz kommen und diese unterschiedliche Kommunikationsprotokolle und Datenformate verwenden. National wie international existieren hierfür kaum umfassend verbreiteten Standards. Voraussetzung für eine erfolgreiche Vernetzung und den damit einhergehenden Vorteile ist somit eine auf Standards beruhende Geräteschnittstelle für die Einbindung in klinische IT-Netzwerke. Momentan bestehen die Möglichkeiten hauptsächlich aus Insellösungen oder Komplettlösungen, wie ein vollständig vernetzter OP-Saal eines Herstellers. Dieser kann demnach interoperabel agieren, lässt jedoch keinerlei Produkte anderer Hersteller zu. Ein anderer ungeklärter Punkt ist die Sicherheit. Je mehr vernetzte Geräte und WLAN-Schnittstellen es gibt, desto mehr Angriffsflächen bieten sich Hackern, Viren und ähnlichem. Folglich müssen Sicherheitsaspekte schon bei der Herstellung der Geräte mitbedacht werden. Dennoch existieren Mittel, die zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten beitragen können. Ein Beispiel bildet die neue Technologiegeneration OPC Unified Architecture aus der Industrie 4.0. Diese ist ein M2M-Kommunikationsprotokoll und soll für einen sicheren, plattformunabhängigen, zuverlässigen Informations- und Datenaustausch zwischen Produkten verschiedener Hersteller sorgen. Der Standard erfüllt somit die wichtigsten Anforderungen, die auch in der Medizin bei der Vernetzung von Geräten entstehen. Wenn solche Ansätze zu einer perfekten Interoperabilität verschiedener Medizingeräte und intelligenter Systeme führen könnten, bringt die Zukunft vielleicht die Möglichkeiten neue Medizingeräte genauso schnell an die IT-Infrastruktur im Krankenhaus einzubinden, wie ein USB-Gerät an einen Computer.

 

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