Im klinischen Umfeld entstehen eine Menge Daten, die eine funktionierende Dokumentation unabdingbar machen. Diese dient dabei nicht nur der medizinischen Versorgung direkt, wie Patienteninformationen, Medikation, Arztbriefe, Laborergebnisse, Röntgenaufnahmen etc., sondern ist auch notwendig für die Qualitäts- und Leistungserfassung, die Forschung, sowie für die Patienten- und Personalsicherheit.
Durch fehlende Standards und Medienbrüche während der Dokumentation kann es zu Lücken und auch zu Fehlern kommen. Im Gesundheitswesen ist besonders die Vielfältigkeit der anfallenden Informationen eine Herausforderung, um Normen und Standards für verschiedene Einrichtungen dieses Sektors zu erstellen. Doch genau diese sind notwendig und wichtig bei einer fortschreitenden Digitalisierung und Vernetzung, denn die Übermittlung bzw. der Austausch von Informationen bildet die Grundlage für das Krankenhaus 4.0.
Allerdings wird in vielen Bereichen die Dokumentation derzeit noch papierbasiert umgesetzt. Dies kann einige Nachteile nach sich ziehen, wie Übertragungsfehler durch unleserliche Schrift, Unzugänglichkeit durch fehlerhafte Ablage oder lange Wartezeiten bei Anfragen. Innerhalb eines Krankenhauses bieten Krankenhausinformationssystem (kurz KIS) die Möglichkeit, anfallende Daten und Dokumente zu verwalten und jedem befugten Mitarbeiter Zugang (inzwischen auch über mobile Anwendungen) zu den für ihn relevanten Informationen zu gewährleisten. Nicht nur medizinische Informationen wie Krankheitsdaten und Arztbriefe, sondern auch administrative und logistische Daten können erfasst werden. Doch bei der Integration von KIS-Strukturen gibt es kaum Standards, nur bei der konkreten Datenübermittlung sind Protokolle und Normen vorhanden, wie HL7 (Health Level 7) oder in Bezug auf die medizinische Bildgebung der offene Standard DICOM (Digital Imaging and Communication in Medicine), der zumindest in diesem Umfeld herstellerübergreifende Interoperabilität ermöglicht.
Beim Austausch von Informationen verschiedener Einrichtungen, wie zwischen der Praxis des Hausarztes und der Klinik ergeben sich zudem weitere Schwierigkeiten. So können bei der Überweisung von Patienten Informationen zur Medikation, der Krankheitsgeschichte und der bisher stattgefundenen Behandlung fehlen, was zu Doppeluntersuchungen, Wartezeiten durch angeforderte Informationen oder sogar zu Behandlungsfehlern wie Fehlmedikation führen kann. Um Vollständigkeit und Kontinuität der zu übermittelnden Information zu gewährleisten, gibt es für Ärzte die Möglichkeit für den Patienten bzw. seinen konkreten Behandlungsfall eine elektronische Fallakte (EFA) anzulegen. Diese ersetzt nicht die Dokumentation innerhalb der eigenen Einrichtung, sondern stellt ein Bindeglied zwischen den einzelnen Einrichtungen und Leistungsträgern dar. In ihr vermerkt bzw. übertragt der Arzt mit der Einverständniserklärung des Patienten alle relevanten Informationen, die für eine Weiterbehandlung nötig sind, erstellt Zugangsberechtigungen für die jeweiligen Fachabteilungen und übermittelt die Akte über die EFA-Plattform an die Einrichtung, an die der Patient überwiesen wird. Die dafür nötige Infrastruktur können die beteiligten Einrichtungen selbst aufbauen oder inzwischen über EFA-Provider beziehen, wodurch sich sowohl technischer als auch finanzieller Aufwand reduzieren. Über standarisierte EFA-Schnittstellen ist die Übertragung unabhängig von den jeweiligen IT-Systemen vor Ort. Unterstützung bei der Integration eines solchen Systems bietet der Verein Elektronische FallAkte e.V. Durch Kooperation mit weiteren Organisationen und Initiativen zur Einführung von Standards beim Daten- und Dokumentenaustausch im Gesundheitswesen wie dem IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) und HL7 werden die Einsatzmöglichkeiten und die Verbreitung weiter voran getrieben.
Über das Konzept der EFA hinaus könnten zukünftig alle anfallenden Patientendaten zentral in einer elektronischen Patientenakte (EPA) hinterlegt werden. In ihr würden alle Informationen des Patienten, von aktueller Medikation und Unverträglichkeiten bis hin zu einzelnen Befunden erfasst und durch gesteuerte Zugriffsrechte dem Arzt, der Pflegekraft oder dem Patienten selbst jederzeit und unabhängig vom Ort zur Verfügung gestellt werden. Dies ermöglicht einen reibungsloseren Ablauf bei Einweisung und Entlassung sowie bei der Behandlung selbst und sorgt für mehr Transparenz, was sowohl der Qualitäts- und Leistungskontrolle als auch der Sicherheit zu Gute kommt. Auf der anderen Seite ergeben sich mit der EPA neue Anforderungen an den Schutz der Daten.
Insgesamt bietet die Standarisierung von Erfassung, Dokumentation und Austausch medizinischer Daten die Möglichkeit, klinikübergreifende Datenbanken anzulegen. Auf dieser Menge an Daten (Big Data) könnten z.B. Algorithmen und Data Scientists arbeiten, um Ärzten Behandlungsempfehlungen zu geben oder Studien bzgl. neu eingeführter Medikamente durchgeführt werden. Durch eine gemeinsame Dokumentation und Nutzung der Daten können besonders kleinere Einrichtungen vom Expertenwissen anderer profitieren, wird dem Patienten eine auf ihn besser angepasste, personalisierte medizinische Behandlung ermöglicht und die Grenze zwischen medizinischer Versorgung und Forschung überwunden.
Referent/in: Stefan Lang, Lang Health
Interoperabilität hat spätestens mit dem eHealth-Gesetz einen neuen Stellenwert im deutschen Gesundheitswesen erhalten.
Der FHIR-Standard setzt auf die Nutzung moderner Basis-Technologien, um diese Interoperabilität einrichtungsintern wie einrichtungsübergreifend zu erreichen. Insbesondere ermöglicht FHIR auch die nahtlose Integration spezialisierter Lösungen in die Kliniks-IT, bis hin zur Einbindung von mobilen Applikationen für Mediziner und Patienten.
Der Vortrag demonstriert anhand von Beispielen, wie innovative Konzepte interoperabel umgesetzt werden können.
Referent/in: Dr. Tim Becker, Bereichleiter Klinische Verfahren UKSH Gesellschaft für IT Services GmbH