Der aus der Anwendung der Innovationen und Ideen von Industrie 4.0 entstehende Nutzen zeigt sich auf unterschiedlichste Weise. Die Optimierungen und Umstellungen, die in den einzelnen Funktionsbereichen vorgenommen werden, und die Anwendung neuer Technologien generieren häufig sofortige Mehrwerte, die dem gesamten Krankenhaus und unter Umständen auch den Partnern zugutekommen. Die Vorteile sind dabei nicht auf Unternehmensbereiche beschränkt.
Ein interner Nutzen wird durch die Optimierung der Prozesse innerhalb der Klinik erzielt. Die Prozesse werden mit neuen Geräten ergänzt und Abläufe werden verbessert. Der primäre Mehrwert entsteht hier durch eine Reduktion der Kosten bzw. der Anzahl der Prozesse und durch erhöhte Arbeitseffizienz. Schnellere Bearbeitungs- und Behandlungszeiten wirken sich positiv auf Wartezeiten und Patientenanzahl aus.
Die Basis für das Potenzial von Industrie 4.0 ist die Datenverfügbarkeit. Diese Verfügbarkeit ist die Grundlage und nahezu alle Nutzen können ohne zusätzliche Daten nicht erschlossen werden. Damit ist neben dem erleichterten Datenzugriff durch Cloud-Systeme oder mobile Geräte auch eine größere Datenmenge, Big Data, gemeint. Durch eine größere Menge an Informationen über Produkte, Geräte und Prozesse und ihrer Analyse lassen diese sich optimieren. Dadurch können Behandlungsprozesse effizienter laufen und Kosten können durch angepassten Personaleinsatz gesenkt werden. Außerdem werden Planungsmöglichkeiten verbessert, indem die Daten über Durchlaufzeiten, Lagerbestände und Lieferwege gespeichert werden. Durch viele Lieferungen und Transporte von Proben, Instrumenten, Materialien und Patienten besteht in der Krankenhauslogistik ein großes Einsparungspotenzial. Die Analyse der Produktdaten über den gesamten Lebenszyklus kann durch Weitergabe an die Medizintechnikhersteller zu einer höheren Qualität und Funktionalität der Geräte und Instrumente führen.
Der erleichterte Zugriff auf die Informationen ermöglicht eine gesteigerte Arbeitseffizienz. Durch die Verwendung von Cloud-Systemen können alle Informationen einheitlich zugänglich gemacht werden. Dies fördert die Aktualität und Zuverlässigkeit der Daten. Für das Personal ergibt sich eine Zeitersparnis für die Informationsbeschaffung. Mitarbeiter können außerdem mithilfe von mobilen Endgeräten auf den digitalen Speicher dezentral zugreifen. Dadurch sind Informationen schneller verfügbar.
Die Steigerung der Arbeitseffizienz ist auch mithilfe von Assistenzsystemen erreichbar. Diese Systeme können beispielsweise Operationen oder andere Prozesse beschleunigen. Durch diese Zeitersparnis und auch durch die Hilfe bei der Überwachung und Stabilisierung von Patienten werden die verfügbaren Kapazitäten eines Krankenhauses entlastet und Fehler können reduziert werden. Bei intelligenten autonomen Systemen kann auch eine Lernfähigkeit implementiert werden, wodurch aus Erfahrungen verarbeitet und ineffiziente Schritte und Fehler vermieden bzw. optimiert werden können. Zusätzlich können Eingriffe und Behandlungen durch Assistenzsysteme schneller im aktiven Klinikalltag erlernt werden.
Der externe Nutzen entsteht durch Nutzen-/Ertragserweiterungen. Durch die Anwendung der Innovationen und Ideen von Industrie 4.0 lässt sich die Konkurrenzfähigkeit verstärken und neue Märkte erschließen. Das Erzielen eines solchen Mehrwertes bedarf der Nutzung neuer bzw. angepasster Geschäftsmodelle.
Durch eine Vernetzung von Unternehmen ermöglicht die Ausgliederung von Prozessen und bietet die Möglichkeit für Spezialisierungsvorteile. Neue Kapazitäten werden frei und die eigenen verbleibenden Prozesse können an Qualität gewinnen. Die Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse unterstützt das Outsourcing von Aufgaben noch weiter. Stärkere Zusammenarbeit verschiedener Hersteller erhöht außerdem die Komptabilität verschiedener Geräte und Standardisierung verschiedener Schnittstellen. Interoperabilität verschiedener Systeme wird so gefördert. Verschiedene Geschäftsmodelle greifen diesen Gedanken der verstärkten Vernetzung auf. Beispielsweise werden in dem Modell Orchestrator Prozesse an spezialisierte Dienstleister ausgelagert. Layer Player nehmen ebenfalls nur einen Teil einer Wertschöpfungskette ein. Bei Make More of It bietet ein Unternehmen seine freien Kapazitäten zur Nutzung an.
Diese Vernetzung erfolgt dabei nicht nur zwischen den Produzenten, sondern auch zu den Kunden bzw. Patienten hin. Die stärkere Verbindung zwischen Herstellern und Kliniken lässt durch Nutzungsdaten eine bessere Produktentwicklung zu. Durch den vermehrten Austausch sind auch individuellere Lösungen realisierbar. Dies wird unter anderem in den Modellen Customization, Add-on und Cross Selling unterstützt. Neben der Gewinnung neuer Kunden durch solche Möglichkeiten kann auch eine stärkere Bindung des Kunden an das eigene Unternehmen entstehen. Medizintechnikunternehmen können ihre Produkte individuell auf die Bedürfnisse der Krankenhäuser zuschneiden und so die bessere Integration in die klinischen Prozesse gewährleisten.
Durch neue Techniken wie die Fernüberwachung von Geräten und Maschinen mithilfe verschiedener Sensoren entstehen neue Möglichkeiten im Bereich des Services. Neue Überwachungs- und Instandhaltungsmöglichkeiten ermöglichen neue Serviceangebote und auch neue Abrechnungsmodelle. In den Geschäftsmodelle Pay per Use oder Rent Instead of Buy geht beispielsweise nicht mehr das Eigentum über, sondern nur die Nutzung wird berechnet. Neue Leistungen können außerdem zusätzlich zu den bisherigen Produkten in das Angebot mit aufgenommen werden und auch mit diesen gekoppelt werden. Bei einem Verkauf eines Gerätes kann der Instandhaltungs- und Wartungsservice und die nötigen Produktschulungen mit angeboten werden. Das Modell Guaranteed Availability deckt die Instandhaltung für den Kunden mit ab und in dem bereits erwähnten Modell Pay per Use kann ein solcher Service beispielsweise als Zusatzoption für das Basisprodukt dienen.
Industrie 4.0 bietet in vielen Branchen Möglichkeiten für die Optimierung von internen und externen Prozessen, so auch im Gesundheitswesen. Bei der Entwicklung neuer, intelligenter Services und Produkte nimmt die Berücksichtigung von Geschäftsprozessen eine wesentliche Rolle ein. Ohne die wirtschaftliche Nutzbarkeit ist eine Umsetzung in vielen Bereichen nicht denkbar. Bei einer Betrachtung von Industrie 4.0 in der Krankenhausumgebung sollten immer passende Geschäftsmodelle betrachtet und in Erwägung gezogen werden.